Olga Żmijewska, Stifterin und Vorstandsvorsitzende der Stiftung
Ich heiße Olga Żmijewska und komme aus dem kleinen masurischen Dorf Idzbark bei Ostróda. Hier habe ich 2018 die Stiftung Kunst der Freiheit (Fundacja Sztuka Wolności) ins Leben gerufen und bin ihre Vorstandsvorsitzende. In Idzbark lebte ich als Kind, dann emigrierte ich als 8-Jährige mit meinen Eltern nach Meerbusch in Deutschland. Während meiner Zeit in Deutschland (1990-2005) und danach, als ich in Warschau lebte, verfolgte ich mein Ziel, nach Idzbark zurückzukehren. Im Jahr 2013 habe ich dieses Ziel verwirklicht.
Bevor ich die Stiftung Kunst der Freiheit gegründet habe, lebte ich meine meine Leidenschaft für Sprache und Kommunikation als Übersetzerin und Dolmetscherin für Polnisch, Deutsch, Englisch und Französisch aus. Als vereidigte Übersetzerin und Dolmetscherin für Deutsch und Polnisch war ich freiberuflich für Gerichte und die größten Anwaltskanzleien in Warschau tätig und habe tausende Seiten von Klageschriften, Klageerwiderungen und Europäischen Haftbefehlen übersetzt, sowie unzählige Gerichtsverhandlungen gedolmetscht. Nachdem ich das entsprechende Verfahren durchlaufen hatte, wurde ich in das Freelancer-ÜbersetzerInnen-Team des Europäischen Parlaments aufgenommen und übersetzte dort vier Jahre lang u.a. für den Petitionsausschuss. Die Arbeit als Übersetzerin und Dolmetscherin ermöglichte es mir, verschiedene Teile Europas zu besuchen und ein breites Spektrum an Lebensbereichen kennen zu lernen – vom Bauwesen über den Tourismus bis hin zum Thunfischfang.
Gleichzeitig pflegte ich meine Berufung als Aktivistin – vor allem in der Frauen- und Jugendarbeit. Fragen der Psychologie und Pädagogik begleiten mich seit meiner Schulzeit, und Pädagogik war eines meiner Abiturprüfungsfächer. In meinem Abiturjahr in Deutschland arbeitete ich ehrenamtlich für die Caritas und unterstützte geflüchtete Kinder beim Deutschlernen. Als Studentin der Kulturwissenschaften wiederum begann ich mich in Idzbark zu engagieren, wo ich als Mitglied des Forums der Ermländisch-Masurischen Frauen (poln. Forum Kobiet Warmińsko-Mazurskich) in meinen Semesterferien Sport- und Tanzkurse für Frauen und Mädchen leitete. Diese Frauengruppe ist 2007 in den von mir mitbegründeten Verein zur Entwicklung ländlicher Gebiete „Idzbark meine Heimat“ (poln. Stowarzyszenie Rozwoju Wsi „Idzbark moja ojczyzna”) aufgegangen.
Für die Legislaturperiode 2015-2019 wurde ich in den Dorfrat gewählt – unser kleinstes Selbstverwaltungsorgan auf Dorfebene.
Seit 2009 bin ich Mitglied im Förderkreis der Europa-Universität Viadrina, der alljährlich den Viadrinapreis Personen verleiht, die sich im Bereich der deutsch-polnischen Beziehungen und Freundschaft engagieren. Das Gremium ist an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) tätig, an der ich meinen Abschluss gemacht habe und wo ich derzeit an meinem Dissertationsvorhaben arbeite. Meine Forschung betrifft die Gruppe der Hörerinnen und Hörer von Radio Maryja vor dem Hintergrund der Zivilgesellschaft in Polen.
Das Stiften einer Stiftung war für mich eine natürliche Fortführung meines sozialen Engagements in der Region sowie eine Formalisierung meiner bisherigen, aus Eigeninitiative geleisteten Frauen- und Jugendarbeit.
In diesen ersten Lebensjahren der Stiftung möchte ich ihr keine allzu spezifischen Tätigkeitsbereiche aufzwingen. Vielmehr beobachte und ergründe ich die Bedürfnisse des Umfelds sowie die Atmosphäre in der Gemeinde, der Region, dem Land. Als Leitfaden in der Stiftungsarbeit dient uns die individuelle Freiheit eines jeden Menschen. Vor diesem Hintergrund beobachte ich, wie die Stiftung zu einem Begegnungsraum für verschiedene soziale Gruppen wird, die in ihrem Alltag nur wenige bzw. keine Berührungspunkte finden – sei es nur aus geografischen Gründen. Diese Gruppen bestehen überwiegend aus Frauen. Ich sehe diese Begebenheit als Fortsetzung meines fast 20jährigen sozialen Engagements. Sie ist aber auch Ausdruck eines Trends, der sich in Polen abzeichnet: In Polen bringen Frauen den sozialen Wandel voran. Sie prägen auch die Gesellschaft in hohem Maße, da es immer noch hauptsächlich Frauen sind, die für die Sozialisierung von Mädchen und Jungen verantwortlich sind. Sie tun dies als Mütter, Großmütter, Betreuerinnen, Lehrerinnen.
Es lohnt sich daher, Frauen in ihrem Streben nach Veränderungen zu unterstützen. Dabei ist es von hoher Priorität, auch Männer miteinzubeziehen, denn im Austausch mit Frauen in meinem Alter frage ich mich immer öfter, ob in Polen nicht gerade diese beiden Gruppen – Frauen und Männer – am meisten aneinander vorbeileben?