Deutsch-Polnisch-Ukrainischer Kultursalon: Ukraine

Mai 31, 2023 | Aktuelles

Die zweite Ausgabe des Projekts Deutsch-Polnisch-Ukrainischer Kultursalon, welches in einem Hauskonzert für geladene Gäste aus Polen und der Ukraine gipfelte, liegt nun hinter uns.

Dank der Unterstützung des Auswertigen Amts durch die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, organisierte die Stiftung Sztuka Wolności einen dreitägigen Musikworkshop rund um die deutsche, polnische und ukrainische Kultur. Am letzten Tag des Workshops, dem Sonntag, waren die Gäste zum Abschlusskonzert eingeladen, bei dem Ania Broda, Ostap Kukhar und Anastasiia Liakh die Ergebnisse des gemeinsamen Musizierens vorführten. Während des Konzerts wurden sie zudem von der Cellistin Izabela Buchowska begleitet.

 

 

Der Schwerpunkt der letzten Ausgabe war die ukrainische Kultur und Musik. Von Freitag, dem 26. Mai, bis Sonntag, dem 28. Mai, übten und improvisierten die aus Lviv stammende Anastasiia Liakh und der aus Kiew stammende Ostap Kukhar unter der künstlerischen Leitung von Ania Broda, die den musikalischen Teil des Projektes betreut. Die Teenager Ostap und Anastasiia brachten ihre bevorzugte Pop-Musik nach Idzbark mit, während Ania Broda ukrainische Volkslieder in der Technik des Weißen Gesangs sang. Das Format des mehrtägigen Workshops ermöglichte die kreative Arbeit mit diesem Repertoire, sowie das Experimentieren mit verschiedenen Instrumenten und verschiedenen musikalischen Arrangements. So entstand der Samstagabend-Hit unseres Kultursalons – Huzul Heavy Metal – bei dem es sich um ein von Ania und Anastasia im huzulischen Dialekt gesungenes Volkslied, das Ostap mit den Klängen einer E-Gitarre modernisierte, handelt.

 

 

– Einwanderung ist keine Einbahnstraße, sagte die Projektkoordinatorin Olga Żmijewska. Zuwanderung bedeutet immer Austausch und verändert daher beide Seiten. Nach dem Jahr 2022 werden weder Polen, noch die Ukraine, noch die Europäische Union dieselben sein. Denn wir alle lernen voneinander. Die Menschen aus der Ukraine lernen polnische Gepflogenheiten, aber sie bringen auch etwas von sich selbst mit – sei es die Sprache, landestypische Gerichte oder Melodien und Lieder. Das war auch während des Sonntagskonzerts in Idzbark zu spüren, das mit dem christlichen Pfingstfest zusammenfiel. Wie uns Anastasiia erzählte, wird dieser Tag, der gemeinhin als Pfingsten bekannt ist, in der Ukraine unter anderem dadurch gefeiert, dass Häuser und Tore mit grünen Birken- und Ahornzweigen geschmückt werden. Auch Olga ist mit diesem Brauch vertraut. Ihr Großvater, der aus der Region Lubawa/Löbau stammte, schmückte den Eingang zu seinem Haus in Idzbark auf dieselbe Weise. So begrüßten auch wir am 28. Mai unsere Gäste im Salon mit Birkenzweigen. Anastasiia tat dies ebenfalls auf Ukrainisch und in einer traditionellen, kunstvoll bestickten ukrainischen Tracht, der Wyschywanka. Eine große Freude für uns war, dass Herr Viktor Marek Leyk, der Bevollmächtigte des Marschallamtes für nationale und ethnische Minderheiten, ebenfalls in dieser traditionellen ukrainischen Tracht kam. Das selbst genähte, bunt bestickte Hemd, war ein Geschenk der ukrainischen Frauen, die er und seine Frau im Jahr 2022 in ihrem Haus beherbergten.

 

 

An jenem Sonntag platzte unser Salon aus allen Nähten. Unter anderem kamen VertreterInnen der deutschen Minderheit aus Olsztyn zu uns, ebenso wie ukrainische Gäste aus Ostróda und Umgebung. Wie wir erfuhren, hatten wir an diesem Nachmittag Menschen aus Zhytomyr, Voznesensk, Zaporozhye und Zborov zu Gast. Zu unserer großen Freude beschenkten uns die Frauen mit traditionellen ukrainischen Snacks und Süßigkeiten. Es war ein wahres Fest für die Sinne, resümierten Małgorzata und Elwira Konczanin von der Stiftung Pomoc w komunikowaniu się/Help to Communicate.

 

 

Die zweite Ausgabe des Deutsch-Polnisch-Ukrainischer Kultursalons hatte einen anderen Charakter als die Eröffnungsausgabe im April. Diesmal gab es mehr gemeinsames Erfahren: zum Beispiel das gemeinsame Singen auf Ukrainisch, Verkostung ukrainischer Gerichte und es wurde sogar zwischen den dicht gedrängten Stühlen und Sesseln des Salons getanzt. Aber auch dieses Mal haben wir gelernt, dass jeder Mensch Einflüsse aus verschiedenen Kulturen in sich vereint und so ein einzigartiges Gemisch daraus erschafft. Ostap, der in Kiew aufgewachsen ist, spielte auf die Frage nach den größten musikalischen Einflüssen in seiner Arbeit, das Stück Estate in der Version des polnischen Jazzpianisten Bogdan Holownia. Dieses Stück hat meine Mutter für mich gespielt, als ich zwei Jahre alt war. Es war das Stück, das meinen Musikgeschmack am meisten beeinflusst hat. Bogdan Holownia ist der Lieblingsjazzpianist meiner Mutter und mir, so Ostap – Und meiner! – Und meiner! – Und meiner auch! – hörten wir von verschiedenen Seiten des Salons.

 

 

Die Abschlusskonzerte des Kultursalons sind von ihrer Konzeption her auch ein Ort der Begegnung und eine Gelegenheit für Gespräche abseits des Programms. Unsere Absicht ist es, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen aus der Ukraine die BewohnerInnen unserer Region kennen lernen können. Ein wichtiger Umstand ist, dass diese Begegnungen in einer privaten Situation, in aller Ruhe und in angenehmer Atmosphäre stattfinden. Hier begegnen sich alle auf partnerschaftlicher Basis und auf Augenhöhe. Am Sonntag haben wir mit Freude den Gesprächen zugehört. Dabei haben sich neue Kontakte ergeben und den jugendlichen ProjektteilnehmerInnen wurden großartige Angebote zur Zusammenarbeit unterbreitet.

 

 

Auch wir als ProjektorganisatorInnen sehen eine große Offenheit und eine große Nachfrage für ein Projektformat, wie den Kultursalon. Begegnungen mit und um Kultur, die einen inklusiven Charakter haben, entbehren der Distanz, die entsteht, wenn nur die Menschen auf der Bühne eine Stimme haben und das Publikum passiv und stumm ihre Arbeit beobachtet. Das Format Kultursalon ermutigt die Menschen sich einzubringen und ihre eigenen Qualitäten in das Programm einzubringen.

 

 

Ania Brodas Workshop mit den ukrainischen Jugendlichen, die dem Konzert im Kultursalon vorausging, ließen uns scheinbar banale Tätigkeiten, wie das gemeinsame Tischdecken und Zubereiten von Mahlzeiten, oder auch das Aufräumen danach, aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Die Gesellschaft von Menschen, deren Familien sich in einem Land im Krieg befinden und nicht den Luxus von Frieden genießen können, erinnert uns daran, wie kostbar diese scheinbar alltäglichen Momente sind. Außerdem erleben wir gemeinsam mit der künstlerischen Leiterin des Projekts, Ania Broda, wie viel kreative und pädagogische Arbeit bereits in diesen alltäglichen, gewöhnlichen Tätigkeiten steckt: Wir tauschen uns über unsere Bräuche und Traditionen aus, Anastasiia benennt oft verschiedene Gegenstände und Gerichte auf Ukrainisch, so dass wir neue Wörter und deren Aussprache lernen. Ania spricht über Gesangstechniken, Ostap über seinen elektrischen Gitarrenverstärker, jemand hat eine Idee, jemand fügt etwas hinzu und schon haben wir den nächsten Schritt in unseren Konzertvorbereitungen getan. Dies geschieht ’nebenbei‘, in einer freundlichen, familiären Atmosphäre, ohne Spannung, ohne Unterteilung in ‚Lehrer‘ und ‚Schülerin‘. Jeder ist, je nach Situation, LehrerIn und SchülerIn.

 

 

Dies ist eine neue Qualität des Mentorings, die von einer traditionellen „Schwarzen Pädagogik“ abweicht und tiefgreifende, langanhaltende Auswirkungen hat und beide Parteien verändert – sowohl die Personen, die das Mentoring anbieten, als auch die jungen Menschen, die davon profitieren.
Wir sind dankbar, dass solche Aktivitäten finanziert und unterstützt werden.
Wir geben unser Bestes, damit sich diese öffentlichen Mittel auszahlen.

Die Stiftung Sztuka Wolności wird diese Form der Arbeit weiterentwickeln.

Die dritte Ausgabe des Deutsch-Polnisch-Ukrainischer Kultursalons findet vom 26. bis 28. Juni statt. Wir laden Sie schon jetzt zum Abschlusskonzert am Mittwoch, den 28. Juni ein. Da die Anzahl der Plätze sehr begrenzt ist, bitten wir Sie, Ihren Teilnahmewunsch im Voraus anzumelden.

Herzliche Grüße aus Idzbark!

 

 

Das Projekt Polnisch-Ukrainisch-Deutscher Kultursalon wird von der Stiftung Sztuka Wolności und ihrem deutschen Partner Institut für Auslandsbeziehungen e.V. (ifa) durchgeführt. Finanziert wird das Projekt von der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit aus Mitteln des Auswärtigen Amtes.

Die Schirmherrschaft über das Projekt hat das deutsche Generalkonsulat in Gdansk übernommen.

(Fotos: Luis Schönecker, Maciej Maziuk, Olga Żmijewska)