Neues gemeinsames Projekt der Fundacja Sztuka Wolności und des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa):
Am Rande oder mittendrin?
Das Dorf Idzbark am Rande der EU 20 Jahre nach der EU-Osterweiterung
Idzbark ist ein Dorf in der Wojewodschaft Ermland-Masuren, die an die Oblast Kaliningrad grenzt. Als Polen 2004 der EU beitrat gehörte die Region zu den wirtschaftlich schwächsten Regionen der EU. Ehemals zu Ostpreußen gehörend wurden die historischen Regionen Ermland und Masuren nach dem 2. Weltkrieg Teil der Volksrepublik Polen mit ihren neu gezogenen Grenzen, die nicht nur den „Zugewinn“ neuer Gebiete (wie Teile des ehemaligen Ostpreußen) mit sich brachte, sondern auch den Verlust von Ostgebieten, die Zwangsumsiedlungen – u.a. in das heutige Ermland und Masuren – zufolge hatten. Die bewegte Geschichte der Region macht sie nicht nur zu einem faszinierenden Ort (und Sehnsuchtsort), sondern auch zu einem besonderen kulturgeschichtlichen, soziologischen und zivilgesellschaftlichen Fallbeispiel der jüngsten Geschichte Polens. Hier leben mehrere nationale und ethnische Minderheiten. Die größten unter ihnen sind die ukrainische Minderheit (die aufgrund der Aktion „Weichsel“ in diese Region zwangsumgesiedelt wurde), die deutschen Minderheit sowie die Sinti- und Roma-Minderheit.
Vor 10 Jahren reiste ein Team von ARTE nach Idzbark, um in Zusammenarbeit mit Olga Żmijewska, der Stifterin der Fundacja Sztuka Wolności, eine 10-minütige Reportage über 10 Jahre Polen in der EU zu drehen. Idzbark stand symbolisch für den Wandel, die Chancen und die Herausforderungen dieser Zeit. In dem Beitrag sind auch andere Personen aus Idzbark zu sehen, darunter Kinder aus dem Kindergarten und der Grundschule von Idzbark, sowie der damalige Direktor der Einrichtung, Grzegorz Kastrau.
Die seither vergangenen 10 Jahre stellten einen rasanten Aufstieg von Online-Medien (ob Social Media oder Nachrichtenplattformen) dar, der dazu führt, dass es schwer fällt, wahre Berichterstattung von künstlich generierten Fake News zu unterscheiden. 20 Jahre nach der EU-Osterweiterung ist der Alltag in Polen und in Deutschland geprägt von sozialen Medien und einer unaufhörlichen Flut von Nachrichten und von Mitteilungen, die Desinformation und russische Anti-EU-Propaganda streuen. Eine wichtige Rolle bei der Selektion von Mitteilungen spielt Vertrauen. Ist das Medium, das Mitteilungen übermittelt, vertrauensvoll? Woher wissen wir, dass es das ist? Wie schaffen wir Vertrauen untereinander, insbesondere in Gruppen, die gegenüber der EU, ausländischen MitbürgerInnen, Menschen mit anderen Weltanschauungen skeptisch bzw. vorurteilsgeladen eingestellt sind? Der Dialog, Diskussionen und sogar konstruktive Streitigkeiten spielen eine wichtige Rolle bei der Bildung von Einstellungen und dem Erwerb von Wissen. Die Begegnung mit Menschen aus unterschiedlichen Gruppen und Gesellschaftsschichten ist eine äußerst wertvolle Erfahrung, die heutzutage immer schwieriger zu machen ist.
Unser generationsübergreifendes Projekt bietet eine solche Gelegenheit. Gleichzeitig feiern wir damit das 20. Jubiläum der EU-Osterweiterung und schauen auf diese 20 Jahre zurück. Das Projekt wird von der ifa-Kulturmanagerin, Chantal Stannik, und der Vorstandsvorsitzenden der Fundacja Sztuka Wolności sowie Ideengeberin des Projekts, Olga Żmijewska, koordiniert. Die HauptakteurInnen des Projekts sind jedoch Jugendliche – Zugehörige der polnischen Mehrheitsgesellschaft sowie der ukrainischen und deutschen Minderheit in Ermland und Masuren. Sie alle sind jünger als die Mitgliedschaft Polens in der EU. Wir sind gespannt, welche Fragen sie den BewohnInnen von Idzbark stellen werden.
Die deutsche und die ukrainische Minderheit, die Landwirtschafts-Reform, EU-Gelder für den Chancenausgleich, Migration und Rückkehr – diese EU-relevanten Themen sind der Alltag der Dorfgemeinschaft, aber sind die Menschen sich dessen bewusst? Wie haben sie die Osterweiterung erlebt? Haben sie ein Bewusstsein dafür, dass sie Teil der EU-Gemeinschaft sind? Polnische Landwirte waren und sind traditionell EU-Skeptiker, obwohl sie von EU-Subventionen profitieren. Wie sehen sie sich in diesem Kontext?
Das Projekt wird von dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert.
Im Rahmen der Einführung in die gemeinsame journalistische Arbeit fand am 29. September 2024 im Kopernikus-Haus in Allenstein / Olsztyn eine Schulung für die am Projekt beteiligten Jugendlichen aus Polen, der Ukraine und der deutschen Minderheit statt. An diesem schönen, sonnigen Sonntag kamen die Projektteilnehmenden aus Bartoszyce, Olsztynek, Stare Jabłonki und verschiedenen Stadtteilen von Olsztyn zusammen, um an einer Schulung unter der Leitung des Journalisten der deutschen Minderheit Uwe Hahnkamp teilzunehmen.
Uwe Hahnkamp, ein Freund unserer Stiftung, sprach über die Besonderheiten der Befragung von Zeitzeugen und schulte uns in technischen Fragen. Diese Kenntnisse sind notwendig, damit die Jugendlichen in der zweiten Oktoberhälfte Interviews mit EinwohnerInnen von Idzbark über ihre Erfahrungen rund um den 20. Jahrestag des EU-Beitritts Polens führen und aufzeichnen können.
Ich heiße Daria Pisarek, bin 17 Jahre alt und komme aus Bartenstein / Bartosyzce. Ich interessiere mich für die Aktivitäten der deutschen Minderheit, da ich Jugendbotschafterin im Programm „SkillUP!“ für die deutsche Minderheit und Absolventin des Programms „Elementarschulung für Jugendgruppenleiter“ bin. Was mich an dem Projekt interessierte, war die familiäre, freundliche Atmosphäre und die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu entwickeln.
Mein Name ist Daryna Obloh, ich bin 16 Jahre alt und komme aus der Ukraine. Ich interessiere mich für Sport, Kunst und manchmal für Journalismus. Meine Leidenschaften sind das Malen nach Zahlen, Klavier und Gitarre spielen. In meiner Freizeit spiele ich Basketball, ich sticke, singe, tanze und reise gerne. Ich arbeite auch mit der Stiftung Kunst der Freiheit / Fundacja Sztuka Wolności zusammen. Bei dem Projekt ging es mir darum, die journalistische Seite kennenzulernen, neue Leute zu treffen und etwas Neues zu erleben.
Mein Name ist Karolina Mandywel, ich bin 16 Jahre alt. Ich bin Jugendbotschafterin für die deutsche Minderheit. Ich besuche eine MIttelschule mit dem Profil Biologie und Chemie. Zu meinen Interessen gehören Tanzen, Volleyball und das Organisieren von gesellschaftlichen Veranstaltungen. In meiner Freizeit engagiere ich mich als Freiwillige bei verschiedenen Aktivitäten für jüngere Kinder.
Mein Name ist Uliana Burkivchenko, ich bin 13 Jahre alt und komme aus der Ukraine. Ich interessiere mich für Musik, ich spiele seit 6 Jahren Geige und habe bereits für die Stiftung Kunst der Freiheit gespielt. Der Vorschlag, an dem Projekt „Am Rande oder mittendrin?“ teilzunehmen, hat mich sehr interessiert. Ich kann viele neue Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die ich in meinem zukünftigen Leben brauchen könnte.